Ausweitung Der Kunstzone
(Margareta Hesse)
Write your abstract here. Von visueller Prägnanz und bisweilen berückender Schönheit sind ihre »Transluzide«. Margareta Hesse malt keine Allegorie?Hausaufgaben, sondern zuweilen sehr ätherische Bilder. Sie wirft das lästige "Was bedeutet denn das?" entschlossen über Bord, kann sich auf das konzentrieren, was so grandios vor Augen liegt. Die Malerin ist dazu übergegangen, die Leinwand nicht länger als begrenzte Fläche zu betrachten, innerhalb derer sich ein Spiel der Korrespondenzen figürlicher oder abstrakter Formen entfaltet, sondern als Arena für künstlerische Handlungen, den puren Vollzug von Malerei sozusagen, dessen Spuren sichtbar blieben. Margareta Hesse vermag sich von den Zwängen konventioneller und sorgsam elaborierter Kunstregeln unbeschwert zu bewegen und mit Hilfe ihrer Werkzeuge die Dynamik des schöpferischen Geistes in einem ungeheuer konzentrierten Akt als unmittelbare Niederschrift zu dokumentieren. Diese Arbeiten sind ungegenständlich, sie leben von dem Gegensatz zwischen strengen, seriellen Strukturen und natürlichen malerischen Elementen. Mattierte und aufgerauhte Flächen erzeugen Transparenz und Unschärfe. Ihre durchleuchteten Bilder ergreifen mit ihrer materiellen, wie farblichen Präsenz vom Raum Besitz. Das Projekt »Transluzide« lebt von der Variation klar festgelegter, reduzierter bildnerischer Mittel innerhalb einer strengen geometrischen Systematik. Die reine Farbigkeit, die dem Betrachter entgegenleuchtet, nimmt einen geradezu in einem optischen Sog gefangen. Der Gegensatz von Materialität und Immaterialität, von Sichtverweigerung und Einsichtgewährung, von Verschleierung und Transparenz wird spielerisch aufgehoben. Farbe wird zur Geltung gebracht und zurück genommen, Form geoffenbart und wieder verborgen. Spannungsreich sind die Arbeiten dadurch, daß sie den Anschein haben, in steter Entwicklung begriffen zu sein, denn was genau sichtbar wird im jeweiligen Augenblick, was sich den Blicken plötzlich wieder entzieht, bestimmt zum einen das Licht, zum anderen der Betrachter selbst, der sich veranlaßt sieht, vor dem Bild auf und ab zu gehen, die Räume zwischen den einzelnen Polyesterplatten zu erforschen und sich vor den aus Silikon gearbeiteten Öffnungen auf den Bildgrund niederzubeugen. Das Licht fällt durch die zwei in Distanz hintereinander montierten farbigen, oft orange? und rotgetönten Platten und eröffnet einen luftigen, im wahrsten Sinn des Wortes schwebenden Sehraum, der je nach Betrachterstandort verschieden wahrnehmbar wird; es tritt also im Werk der Künstlerin als Protagonistin auf und wird selbst zum Akteur. Die vom Licht modulierte Oberfläche der »Transluzide« ist keine glasklare, kalte Platte, sie hat durch eingeschlossene Glasfasern eine zarte, sinnliche Struktur, die das Technoide hinter sich läßt, oder sie sabotiert bewußt die Transparenz dadurch, daß Margareta Hesse die Polyesterplatten mit dem Schleifpapier aufraut oder gemischte Farben hinzufügt. Die signifikante Materialität des pastos aufgetragenen Schelllacks, erinnert an erstarrten Honig, diese ist prägend für diese Arbeiten. Der Zwischenraum lädt dazu ein, vor dem Bild oder auch seitlich wechselnde Standpunkte einzunehmen um durchzublicken, sein Gemachtsein zu erfahren und seine Machart herauszubekommen. Durch die Variation unterschiedlich breiter, senkrechter und waagerechter Linien, durch die Oberflächenmattierung auf Vorder? und Rückseiten, den Einsatz unbearbeiteter Flächen und die Kombination von zwei Kompositionsplatten, die mit Distanz zueinander und zur Wand voreinander gehängt werden, entstehen unterschiedliche Kompositionen. Dabei bleibt die Farbigkeit reduziert auf die Materialfarbe des Schellacks, und kontrastierend dazu ist das lichtschluckende Schwarz eingesetzt. Die Module dieser Bildserie sind in Anzahl und Reihenfolge unterschiedlich kombinierbar. Die Serie ist keine in sich geschlossene Einheit und verändert sich durch unterschiedliche Lichtsituationen. Margareta Hesse sucht den Ausgleich zwischen Natur und Kunst bzw. Künstlichkeit, aber auch zwischen dem Rhythmus und nüchterner Strenge, Industriematerial und Naturbelassenheit. Diese coincidentia oppositorum einer artifiziellen Natur spiegelt sich auch im Verhältnis von Einzelbild und Serienmodul wider. Wirken die Arbeiten durchaus von sich aus und allein, das heißt individuell, so gewinnen sie an konkreter Überformung durch die strenge Reihung an der Galeriewand ? im ersten Fall steht die sinnliche Erfahrung im Vordergrund, im zweiten der musikalisch?abstrakte Rhythmus. Margareta Hesse nutzt als Bildträger Polyesterplatten, die durchsichtig, aber nicht transparent sind, aufgerauht oder unbehandelt legen sie sich wie ein Schleier über darunter liegende Motive, dreidimensionale Durchsichten erzeugend. In den weißlichen Polyesterplatten fand Margareta Hesse ein ambivalentes, ästhetisch keineswegs leicht einzuordnendes Material, das sie faszinierte ? Polyester ist gleichzeitig Plastik und wirkt, aufgrund der an die Strukturen der menschlichen Haut erinnernden, von feinen Adern durchzogenen Oberfläche mit den eingeschlossenen Glasfasern, beinahe organisch. Schellack, Acryl und Silikon werden als Träger subtiler Farbigkeiten auf dem transparenten Untergrund genutzt. So wertlos die Materialien scheinen, so ästhetisch ist das künstlerische Ergebnis aus Polyester, Silikon, speziell aufbereiteter Ölfarbe, Lackfarbe und Schellack. Das Material dominiert größtenteils die mit opaken Farben aufgetragenen Strukturen. Jedes Wandobjekt spricht vom Talent der Künstlerin für das Zusammenführen von Disparatem, von Hesses Sensibilität im Umgang mit einem äußerst reduzierten Formenrepertoire und von der Vorliebe für Linien, die mal dünner, mal dicker, mal quer, mal längs, mal abgezirkelt, mal fließend die Kunstwerke konstituieren, die den Transluziden eine reliefartige Oberfläche verleihen oder die Objekte durchfurchen und ihnen so zur Tiefendimension verhelfen. Was bleibt, ist Malerei, die einen kostbaren Kunstgeschichtsaugenblick lang einmal nicht in der Form erstarrt scheint, die gleichsam unvermindert als sinnliche Kraft weiterlebt. Diese Arbeiten bezeugen Margareta Hesses intensive Recherche an der Schnittstelle von Architektur und bildender Kunst. Mehrere Museen in NRW widmen Margareta Hesse in 2007/08 eine konzentrierte und inspirierte Ausstellung, die sich weder als Hommage gebärdet noch dem Gestus der Retrospektive verfällt. Die in enger Zusammenarbeit mit der Künstlerin entwickelte Schau erscheint vielmehr als eine künstlerische Standortbestimmung, die Raum für Raum in Szene setzt, wofür dieses Werk steht: das systematische Ineinandergreifen von Körpererfahrung, skulpturaler Geste, poetischer Imagination und medialer Reflexion. "All in the present must be transformed" könnte man die künstlerischen Metamorphosen auch beschreiben. Vielleicht sollte man da direkt mit der Transformation dieser Ausstellung beginnen. Mit diesen Arbeiten sucht Margareta Hesse die Verschmelzung von Kunst und Leben voranzutreiben und darüber hinaus die Ebene von Kunst in die immaterielle Sphäre der Gedanken und Ideen zu verlagern. Margareta Hesse gehört zu den wirklich relevanten Malern unserer Zeit, die lange zu Unrecht im Schatten der modischen neuen Figürlichkeit stand. Der Text zur Kunst, die Theorie zum Bild, die Entzifferungsanleitungen, die der Künstler und Kunsttheoretiker seinen Bildern allgemein vermittelnd an die Seite stellt, könne dieses "richtige Erleben" letztlich niemals ersetzen: Die Künstlerin und das aus ihr entsprungene Werk wird unbedingt dem Zuschauer, welcher dazu fähig ist, feinere Emotionen verursachen, die mit unseren Worten nicht zu fassen sind. Wessen Seele vor dem Nebel des Mauve und dem herandrängenden Gelb auch beim besten Willen und gewissenhaftesten Dechiffrierungsbemühen nicht zu vibrieren beginnt, dem ist also offenbar leider am Ende gar nicht zu helfen. Das Rhizo
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