Schlafwandel
(Helen Meier)
?Schlafwandel?, eine Erzählung von 218 Seiten, ist die Geschichte einer Liebe zwischen einer älteren und einer jüngeren Frau, die sich trotz der unterschiedlichen Lebensphasen, in der sie stehen, zunächst bedingungslos aufeinander einlassen: Nora, die ältere, ist nach dem Tod ihres langjährigen Lebenspartners auf der Suche nach neuen Projekten und Lebensinhalten, Celestina, die jüngere, intellektuell und vielseitig engagiert, hat ein reiches Beziehungsnetz. Schlafwandel bezeichnet den magischen Zustand des Verliebtseins, das Aufblühen in Gegenwart der anderen, das Einsaugen der gemeinsamen Gespräche, Konzertbesuche und Wanderungen. Obwohl vor allem Nora ihr Glück kaum fassen kann, wird sie immer wieder von Zweifeln geplagt, ob sie für Celestina attraktiv genug sei, fürchtet sich davor, verlassen zu werden, weil es ihre letzte Beziehung sein könnte. Sie beschäftigt sich ausführlich mit dem Älterwerden, ihrem eigenen und demjenigen anderer, was bei Celestina auf Abwehr stösst. Schleichend beginnt die Entfremdung, die schliesslich zur Trennung führt. Nora will danach ihre Liebe nicht zu Freundschaft degradieren und wendet sich verbittert von Celestina ab.
Die Schweizer Autorin Helen Meier, Jahrgang 1929, wurde für ihre Romane, Erzählungen (zuletzt Liebe Stimme, 2000) und Theaterstücke schon mehrfach mit Preisen ausgezeichnet. Ihre Stärke ist ihre Sprache, die ungemein anschaulich beschreiben kann, immer wieder überraschende Formulierungen findet, sich hin und wieder aber auch in ihren eigenen Ornamenten verliert. In ?Schlafwandel? wird viel gesprochen, die Sprache in den direkten Reden ist jedoch eine geschriebene und elaborierte. Genau das macht aber den Reiz und die Dichte des Buches aus.
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