Sinn Und Sinnlichkeit
(Jane Austen)
Seit jeher wird Jane Austen für ihre poetische Sprache, die pittoresken Beschreibungen der englischen Landschaft sowie für ihre Sozialstudien des 18. Jahrhunderts geliebt und gelesen. Dabei ist natürlich zu berücksichtigen, dass wir drei Jahrhunderte später leben und uns gewisse Situationen und Charaktere zu antiquiert erscheinen, um sie verstehen zu können. Aber das Grundthema von ?Sinn und Sinnlichkeit? (bzw. ?Verstand und Gefühl? in einer neueren Übersetzung) ist uns dennoch vertraut: die Rivalität in der Beziehung zweier Schwestern ? die eine praktisch und mit beiden Beinen auf dem Boden stehend, die andere impulsiv und romantisch. Im Zentrum des Romans steht der nie endende Konflikt zwischen Verstand und Gefühl. Die Autorin stellt sich dabei klar auf die Seite des Verstandes, wobei sie auch dem Gefühl etwas Gutes abgewinnen kann. Elinor, die ältere der beiden Schwestern, hat es sich zur Lebensaufgabe gemacht, ihre Mutter und ihre jüngere Schwester Marianne vor Leiden zu schützen, denen sie aufgrund ihrer träumerischen Wesen ausgesetzt sein könnten. Gleichzeitig ist sie heimlich und leidenschaftlich verliebt und wird folglich immer wieder enttäuscht, was sie elegant zu verbergen weiss. Dies steht in scharfem Kontrast zu Mariannes Verhalten, die nach einer gescheiterten Beziehung in Depressionen verfällt. Diese trägt sie genauso ausgiebig zur Schau wie davor ihre Liebe zum schönen Schwerenöter Willoughby. Am Ende wird Elinors heimliche Leidenschaft belohnt, jedoch erst nach vielen Rückschlägen und Hindernissen, die sie alle mit der Leichtigkeit der Vernünftigen bewältigt. Auch drei Jahrhunderte nach der Niederschrift des Romans kämpft die Menschheit noch immer mit den gleichen Bedürfnissen: der Sehnsucht nach Zugehörigkeit und Liebe, dem Wunsch nach Geborgenheit und dem Bemühen, dazuzugehören und nicht ausgegrenzt zu werden. Aus diesem Grund ist ?Sinn und Sinnlichkeit? heute noch genauso aktuell wie zu Austens Zeiten. Die Leserinnen und Lesern sind trotz der veralteten Sprache und der Steifheit der Erzählung nach wie vor fasziniert von Mariannes und Elinors Geschichte und den Männern in ihrem Leben.
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