Jans Muss Sterben
(Anna Seghers)
JANS MUSS STERBEN
Anna Seghers
Textamine
Todgesagte leben länger. So will es jedenfalls das Sprichwort wissen. Doch nach der Geschichte von Jans, der im Alter von ungefähr sieben Jahren krank wird, die Diagnose bekommt, dass er sterben muss, wenn man erfährt, wie sich die ohnehin verarmte und enge Gedankenwelt des Vaters, der Mutter und des Kindes noch weiter verengt und zwar ausschließlich auf das Sterben hin, und wenn man liest, wie das Kind dann tatsächlich stirbt, muss man zumindest erwägen, dass die Todgesagten manchmal eben nicht länger leben, sondern dass sie einfach nur länger brauchen, um zu sterben.
Es ist ein langes Sterben. Es dauert ein ganzes Jahr, das Sterben. Diese Zeit ist lang genug, dass ein anderes Kind, ein kleines Mädchen, den Platz im Leben seiner Eltern eingenommen hat, den er an jenem Abend hatte, mit dem das Buch beginnt, als er nach Hause kommt, nachdem er sich mit den anderen Jungen an jener Mutprobe versucht hat, bei der sie sich unter dem Unterbau einer Brücke durchhangeln.Am Nächsten Morgen ist er krank. Und ein Jahr später kehrt Jans zu den anderen Jungen auf die Straße zurück. Und obwohl er die Enge der elterlichen Wohnung verlassen kann, lebt er zu diesem Zeitpunkt schon nicht mehr. Er ist nur noch nicht weg. Er schafft die Geschicklichkeitsübung fast. Sein Leben hat er ja nicht mehr zu verlieren.
Jans muss sterben wurde erst nach dem Tod von Anna Seghers veröffentlicht, stammt aber aus ihrem Frühwerk, denn sie schrieb diese Geschichte, als sie Mitte zwanzig war, im Frühjahr 1925. Wer sich zu spüren traut, wie die Welt dieser drei Menschen im wahrsten Sinne des Wortes immer "armseliger" wird, dem ist dieses Buch aber auch die Lesung der Schauspielerin Hannelore Hoger ans Herz zu legen.
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