Herbst
(Stefanie Jenneskens)
Herbst, die Blätter fallen von den Bäumen und pflastern die Straßen. Die trostlose Welt dreht sich langsam von der Sonne weg und zeigt sein wahres Gesicht. Voller Furcht erstreckt sich das Meer der Finsternis. Schatten tanzen und ziehen mich an den Armen und Beinen und reißen mich in die Fluten der Dunkelheit. Nie fühlte ich mich so leer, so einsam wie jetzt. Was ist passiert? Noch völlig benommen sehe ich mich da sitzen. Die Wahrheit schlägt mich, mit der Waffe der Schuld will sie mich erschießen und die Zeit wird mich ewig peinigen. Isabelle?wie der Name sich anhört. So anmutig, so klar, so voller Verstand, wie die Person selbst. Wir waren wie Geschwister. Ich habe sie geliebt, wie man nur eine Freundin lieben kann. Wir haben so viel gemeinsam durch gestanden. All die Jahre, die für sie tiefe Risse in der Ehe hinterlassen haben, schnitten auch mein Herz der Freundschaft. Ich fühlte mit ihr, genauso, wie sie mit mir fühlte. Ob über Familie oder andere Probleme, wir besprachen alles. Wir waren uns so nahe und doch?jetzt auf einmal?so fern. So unerreichbar weit von einander. Warum? Was ist mit uns geschehen? War es nicht immer so gewesen? Redete ich mir das alles ein? Sah sie unsere Freundschaft als nichtig? Hat sie den unstillbaren Durst meiner Seele nach ihrer Nähe, ihrer Liebe als Freundin nicht gespürt? Hat sie denn nie gemerkt, wie wichtig sie für mein Leben und das der anderen, in denen sie eingetreten ist, war? Ich verstehe es nicht?Wir haben uns doch alles erzählt und doch erhörst du meine sehnlich flehenden Worte nicht zurück zu kommen und weiter zu leben?Heute, als der Tag begann, war ich mir einer solchen Wendung der Freude zur Trauer nicht vermutend. Ich sehe die Scherben, die du hinterlassen hast. Die klaffenden Wunden schmerzen nur halb so sehr wie die Erkenntnis. Die Erkenntnis, das zwei Menschen die sich so gut zu kennen glaubten nicht den Hauch einer Ahnung haben, was sich hinter dem Spiegel der Selbstdarstellung verbirgt. Ich glaubte mir dich sicher, immer bei mir bleibend, fröhlich?und nun sehe ich, dass sich der Faden der Trauer, der Verlorenheit, der Einsamkeit sich bei dir durch die Jahre zog, wo bei doch gerade erst beginnend. Wie musst du dich gefühlt haben, als dir dein Verstand sagte es lohnt nicht mehr und dir letztlich die Beweise der Kränkungen vorhielt? Aber du hattest doch mich und deine Kinder, deren weinende Rufe dich nicht zurückbrachten. Und dein Brief, liebste Isabelle?der Brief der wahren Verworrenheit deiner Gefühle?Deine Ehe?deine Abgeschiedenheit zu deiner Familie?wieso habe ich das nie gesehen? Wollte ich es überhaupt erkennen? Wollte ich überhaupt sehen was sich hinter dir verbirgt, wo mich doch deine heroische Art faszinierte? Bin ich enttäuscht? Schockiert? Enttäuscht von mir selbst, von meiner egoistischen Selbstverliebtheit, schockiert da ich hätte es verhindern können und es nicht gesehen habe. Als du dalagst?als würdest du schlafen?Ich wünschte ich könnte so einiges zurückdrehen? doch ich kann es nicht, genauso wenig, wie ich die Schuld von mir weisen kann. Ich weiß, dass ich die Freundschaft, die Liebe, die mir durch dich, durch deine Freude geboten wurde, nie vergessen werde. In all den Jahren glaubte ich du seiest perfekt?die Probleme, die du hattest hast du so leicht verkraftet, dass ich von deiner Schwäche nichts erkennen konnte und jetzt erst, wo mir der Verlust deiner Schönheit, deiner Seele bewusst wird und ich auch deine Schwäche sehe, bemerke ich, wie heroisch du doch wirklich warst!
Resumos Relacionados
- Liebesbrief
- Zeit
- Zeit
- Rechts Oder Links?
- Deine Liebe Danach
|
|